Joe Biden steigt als Kandidat der US-Demokraten aus dem Präsidentschaftsrennen aus – Bericht und Kommentar

Biden_JoeWashington, D.C., 22. Juli 2024: Nachdem der Druck aus seiner eigenen Partei immer stärker wurde und er auch von einer CORONA-Erkrankung betroffen ist, gab der amtierende US-Präsident Joe Biden (Bild oben) gestern Nachmittag (Ortszeit) bekannt, dass er aus dem Wahlkampf um die Präsidentschaft - die Wahl findet am 5. November 2024 statt - aussteigen will.
Als Gründe gab er an, dass es „besser für das Land und seine Partei“ (US-Demokraten) sei, wenn er sich zurückzieht vom Wahlkampfgeschehen und sich auf seine Aufgaben als Präsident bis zum Ende seiner Amtszeit widmet. Als Kandidatin schlug er die amtierende Vizepräsidentin Kamala Harris (Bild unten) vor.
Joe Biden befindet sich im 82ten Lebensjahr und ist somit der älteste amtierende US-Präsident. Er gewann 2020 gegen den damals amtierenden US-Präsidenten Donald Trump (US-Republikaner), der den damaligen Wahlsieg Bidens nicht anerkannte Kamala_Harrisund Gerüchte über angebliche Wahlmanipulationen verbreitete.
Diese Gerüchte, für die es keinerlei stichhaltige Beweise gibt, gipfelten in den Ereignissen am 6. Januar 2021, bei denen von Trump aufgehetzte Anhänger dessen das Kapitol (beide Kammern des US-Parlaments) stürmten und bei denen es mehrere Todesopfer gegeben hatte. Seit diesen Ereignissen werden Trump und seine zum Teil sich obskur äußernden Anhänger und Mitstreiter nicht müde, diese Behauptungen immer wieder öffentlich zu äußern.
Biden und dessen Vizepräsidentschaftskandidatin Harris traten dann am 20. Januar 2021 offiziell ihre Ämter an. Danach aber wurde offensichtlich, dass Bidens Alter zunehmend ein Problem darstellen würde. In der ersten Fernsehdebatte zwischen Biden und Trump Ende Juni 2024 war Biden sichtlich erschöpft und verlor oft „den Faden“ in seinen Äußerungen. Auch zeigte er eine physische Schwäche.
Ob die von Biden vorgeschlagene Kandidatin Harris am Ende auch zur Präsidentin gewählt wird, hängt davon ab, ob sie ihr ebenfalls (derzeit) schwaches Ansehen verbessern kann. Zudem ist der Abschied Bidens nicht frei von einem (negativen) „Geschmäckle“, denn Biden selbst hatte ja nach dem TV-Debakel gegen Trump immer wieder betont, dass er „im Rennen“ bleibe. Demgegenüber haben führende US-Demokraten immer offener gefordert, dass er sich zurückziehen solle. Wie dieses Verhalten der Demokraten von der Öffentlichkeit beurteilt wird, bleibt abzuwarten.
Sicherlich wird Harris es schwer haben, das Debakel in der Kandidatenfrage zu erklären, obwohl sie sich öffentlich für Biden ausgesprochen hatte. Ein „Königsmord“ von Seiten führender Angehöriger der Demokraten dürfte schwer öffentlich zu erklären sein und daher dürften die Chancen der Demokraten, im Herbst eine erneute Amtszeit eines von der Partei gestellten Präsidentin (oder doch noch eines Präsidenten?), gegen Null treiben.
Der republikanische Gegenkandidat Trump äußerte sich zu diesem Schauspiel negativ und sprach von „Verrat“ (an ihm). Er dürfte jetzt enttäuscht sein, dass es keine Revanche zwischen ihm und Biden geben wird. Denn hätte es das gegeben, und Trump würde, so wie es Umfragen zumindest feststellen, gewinnen, so hätte er sein Märchen von „der gestohlenen Wahl 2020“ wieder verbreiten können.
Nun, man wird sehen, wie sich das Drama in den USA weiterentwickelt. Die Radikalisierung in der republikanischen Wählerschaft lässt nichts Gutes erwarten.

Der zweite Wahlgang entschärft Befürchtungen über Rechtsruck in Frankreich – Bericht und Kommentar

Frankreich(Wahl_Legislative_2024)KleinParis, 8./9. Juli 2024: Dass es eine Mehrheit der rechtsextremistischen „Rassemblement National“ (Nationale Sammelbewegung) in der französischen Nationalversammlung - das zentrale Parlament des Landes – geben würde, hatte sich mit dem zweiten Wahlgang der Parlamentswahl erledigt.
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hatte am Abend des 9. Juni 2024 angekündigt, dass er die Nationalversammlung aufgelöst, weil er vom Wahlerfolg des RN bei der Wahl zum europäischen Parlament insofern die Befürchtung hegte, dass sich der Aufstieg des RN fortsetzt.
Der nun stattgefundene zweite Wahlgang sieht das Linksbündnis „Nouveau Front populaire“ (Neue Volksfront) vorn. Und dass, obwohl es im zweiten Wahlgang nur den Platz mit 25,7 % hinter der RN, welche 32,1 % erzielte, errang. Durch Rückzug eigener Kandidatinnen und Kandidaten, auch jene des Bündnisses „Ensemble pour la République“ (Zusammen für die Republik) konnten so die Mehrheitsverhältnisse geändert werden.
Waren für das RN anfänglich bis zu 280 der insgesamt 577 Mandate geschätzt worden, sind es jetzt 125. Das Linksbündnis erzielt 178 Mandate, das Ensemble kommt auf 150. Macron hatte jedoch im Vorfeld jede Zusammenarbeit sowohl mit dem Linksbündnis wie auch dem RN ausgeschlossen. Wie er allerdings für weitere Vorhaben Mehrheiten erringen will, erklärte er auch nicht. Erst 2027 ist eine reguläre Präsidentschaftswahl in Frankreich vorgesehen, bis dahin hat Macron noch Zeit.

Britische Unterhauswahlen bringen Machtwechsel zur Labour Party - Bericht und Kommentar

UK(Wahl_2024)kleinLondon, 5./6. Juli 2024: Am vergangenen Donnerstag wurde im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nord-Irland ein neues Unterhaus gewählt. Dabei wurde ein Machtwechsel von den seit 2010 regierenden Konservativen zu sozialdemokratischen Labour Party herbeigeführt.
Besonders aber ist zunächst hervorzuheben, dass es der öffentlich-rechtlichen BBC gelungen ist, die künftige Sitzverteilung des britischen Zentralparlaments vorherzusagen. Kurz nach Schließung der Wahllokale um 22 Uhr Ortszeit (23 Uhr mitteleuropäischer Zeit) prognostizierte die BBC in ihrer nächtlichen Wahlberichterstattung für die Labour Party 410 der 650 Mandate, für die Konservativen 131 Mandate. Tatsächlich sind es am Ende der Auszählung 412 für Labour und 121 für die Konservativen an Mandaten.
Was aber an dem Ergebnis dieser Abstimmung auch auffällig ist, ist die Diskrepanz zu den Ergebnissen bei den Umfragen verschiedener Institute vor dieser Wahl: So wurde für die Labour Party ein Ergebnisse von bis zu 50 % ermittelt, zuletzt waren es immerhin noch 42 %, für die Konservativen dagegen Umfrageergebnisse von unter 20 %. Das Ergebnis für die Labour Party beträgt nur 33,7 %, das der Konservativen liegt nun bei 23,7 %.
Die Wahlbeteiligung beträgt etwa 60 %, 2019 lag dieser Anteil bei 67,3 %.
Nun dürfte es im UK (United Kingdom) wohl wieder eine Diskussion über eine Einführung einer Art des Verhältnis-Wahlrechts geben, denn gerade die siegreiche Labour Party nimmt 63,4 % der Mandate ein und das bei einem Ergebnis von nur einem Drittel der Stimmen. Hingegen können die Liberalen mit gut 12 % der Stimmen nur fast 11 % der Mandate gewinnen. Die rechtspopulistische Reform-Partei, die mit dem ehemaligen UKIP-Politiker und Brexit-Befürworter Nigel Farage ins Rennen zog, erzielte mit 14,3 % sogar nur 5 Sitze (0,8 % der Mandate). 2011 wurde in einem Referendum hin zu einer Änderung des Wahlsystems allerdings ein Anteil (67,9 %) der „Nein“-Stimmen erzielt, eine Änderung somit abgelehnt.
Labours Sieg ist also weniger aus eigener Kraft gekommen, sondern eher, weil die Konservativen massiv an Stimmen einbüßten und andere Parteien wie die Reform-Partei dagegen starke Zugewinne (+ 12,3 %-Punkte) – vornehmlich aus dem Lager der Konservativen - verzeichneten. Labour kompensierte die eigenen Einbußen an die Independent Party und die Greens wiederum aus dem Lager der Konservativen, sowie in Schottland auch von der SNP (Scottish National Party).
Die Wahl ist auch als eine Art von „Vorschusslorbeeren“ für Labour zu verstehen, diese Partei hat die Wahl gewonnen aufgrund der Erwartungshaltung der Wählerinnen und Wähler an sie. 2019 war die Wahlbeteiligung um rund 7 %-Punkte höher als die aktuelle. Es ist demnach auch anzunehmen, dass auch viele Anhänger der Konservativen eher zuhaus blieben und nicht Labour wählten.

Begeht der französische Staatspräsident „Selbstmord aus Angst vor dem Tod“? – Bericht und Kommentar

E_MacronParis, 1./2. Juli 2024: Wenn man sich die Intention des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron (Bild links) bei der Ankündigung zur Auflösung des französischen Zentralparlaments – der Nationalversammlung - versucht, vor Augen zu führen, dann bleiben wohl mehr Fragezeichen als Antworten.
Als am 9. Juni dieses Jahres in Frankreich bei der EU-Wahl das für seine Partei eher magere Ergebnis des Bündnisses „Ensemble pour la majorité présidentielle“ (Zusammen für die Präsidentenmehrheit”) mit nur 14,6 Prozent feststand, löste Macron die Nationalversammlung auf, obwohl es zwar für sein Bündnis keine absolute, aber eine relative Mehrheit gegeben hatte. Das ihn unterstützende Parteienbündnis hatte immerhin, trotz Einbußen 2022, 245 Mandate der insgesamt 577 Sitze errungen. Bei der Europawahl konnte die rechtsextreme Partei bzw. das Parteienbündnis der Politikerin Marine Le Pen, RN - Rassemblement National (Nationale Sammelbewegung), mit 31,4 % diese EU-Wahl für sich entschieden.
Macron wollte mit der Auflösung der Nationalversammlung – so aus dessen Fernsehansprache am Abend des 9. Juni zu entnehmen – erreichen, dass die Wahlberechtigten über die Zukunft entscheiden sollen. Zudem wollte Macron bei der Parlaments-Neuwahl verhindern, dass sich der Anstieg des RN fortsetzt. Um es kurz zusammenzufassen: Macron ist damit gescheitert.
In Frankreich wird die Nationalversammlung in zwei Wahlgängen des sog. „Romanischen Mehrheitswahlsystems“ gewählt. Am 30. Juni war der erste Wahlgang, bei dem nur die Kandidaten und Kandidatinnen in das Parlament einziehen können, die 50 % und mehr Stimmen in ihrem Wahlkreis erzielten oder mehr als 25 % der Wahlkreiswahlberechtigten gewinnen konnten. Dadurch konnten 77 Personen bereits bestimmt werden.
In den restlichen 500 Wahlkreisen treten dann die beiden Bestplatzierten eines Wahlkreises an bzw. auch diejenigen, die mindestens 12,5 % der Wahlberechtigten innerhalb des Wahlkreises auf sich vereinigen konnten. Am 7. Juli wird also erst wirklich über die Zusammensetzung der Nationalversammlung entschieden. Der erste Wahlgang hingegen stellt die Stärke der Parteien landesweit dar, im zweiten Wahlgang werden dann die zusammenarbeitenden Kandidaten bestimmt.
Beim ersten Wahlgang erreichte die RN mit 29,3 % den ersten Rang bei den Parteien, mit den der mit ihr verbündeten Parteien sogar 33,2 %.
Das linke Parteienbündnis NFP - „Nouveau Front populaire” (
Neue Volksfront) – erreicht knapp 28 % (genau: 27,99 %), das Ensemble 20 %. Die ehemals im konservativen Lager führenden „Les Républicains“ (Republikaner) kommen nur noch auf 6,6 Prozent. Das Ensemble büßte im Vergleich mit dem Ergebnis von 2022 5,7 %-Punkte ein, die Republikaner 3,9 %-Punkte. Dahingegen konnte das RN 10,6 %-Punkte zulegen, die NFP 2,3 %-Punkte.
Die politische Mitte verlor demnach, Macrons Plan ist zumindest, was die Parteienstärken anbelangt, nicht aufgegangen.

Durchschnitt bei der „Sonntagsfrage“ im Juni: GRÜNE nehmen ab und SONSTIGE legen zu

Monats-Umfrage(Juni_2024)_kleinBerlin, 30. Juni/1. Juli 2024: Beim Durchschnitt der 20Sonntagsfragen“, die im Juni 2024 von den acht in Deutschland führenden Meinungsforschungsinstituten veröffentlicht wurden, scheint sich auch das Ergebnis der EU-Wahl vom 9. Juni abzubilden.
Die CDU/CSU erzielte bei der EU-Wahl 30,0 %, im Durchschnitt der Umfragen, die ein – mögliches - Ergebnis der Bundestagswahl abbilden sollen, erzielen beide Parteien zusammen 30,5 %. Im Vergleich mit dem Ergebnis der letzten Bundestagswahl vom September 2021 würden die Unionsparteien 6,4 %-Punkte zulegen.
Die SPD erreichte im Junidurchschnitt 15,3 %, ein solches Wahlergebnis würde ihr einen massiven Verlust von 10,4 %-Punkte einbringen. Bei der EU-Wahl erzielte sie sogar nur noch 13,9 %.
Ihre Koalitionspartner in der Bundesregierung, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP, die bei der EU-Wahl 11,9 % bzw. 5,2 % erzielten, kommen beim Durchschnitt der Sonntagsfragen in diesem Monat auf 12,4 % bzw. 5,1 %. Die Grünen verlören im Vergleich zum letztmaligen Bundestagswahlergebnis 2,4 %-Punkte, die FDP sogar 6,4 %-Punkte, bei letztgenannter wäre es ein Verlust von ca. 55 % ihrer Wählerschaft von 2021.
Die LINKE erzielte bei der EU-Wahl in Deutschland 2,7 %, im Umfragedurchschnitt kommt sie derzeit auf 2,8 %. Auch sie würde mit einem Verlust von knapp 43 % ihrer Wählerinnen und Wähler der Bundestagswahl 2021 massiv einbüßen.
Im Gegensatz dazu kann die AfD sich auf derzeit 16,6 % (+ 6,3 %-Punkte zum Ergebnis von 2021) stabilisieren. Bei der EU-Wahl kam diese rechtspopulistische Partei auf 15,9 %. Da es bei allen Umfragen ohnehin eine Schwankungsbreite gibt, kann man sagen, dass die AfD – wie die anderen Parteien – in etwa beim Ergebnis der EU-Wahl liegen kann.
Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) erzielte bei der EU-Wahl 6,2 %, im Durchschnitt der Sonntagsfragen erreicht diese neue Partei, die von ehemaligen Mitgliedern der LINKEN gegründet wurde, 7,3 %.
Alle anderen Parteien, die bei der EU-Wahl rekordverdächtige 14 % erzielten, kommen im Umfragedurchschnitt im Juni auf genau 10 Prozent. Auch bei diesen lässt sich schlussfolgern, dass das EU-Wahl-Ergebnis wohl Auswirkungen hinterließ.
In Bundestagsmandaten stellt sich das Durchschnittsergebnis bei der „Sonntagsfrage” wie folgt dar: Die SPD würde 110 Mandate erhalten, die CDU/CSU 220, die Grünen kämen auf 90 Sitze, die AfD auf 120 Mandate. Die FDP bekommt 37 Mandate, das BSW 53 sowie Die LINKE keins.
Zur Erklärung: Es handelt sich bei dieser Rangliste nicht um eine sozialwissenschaftliche Untersuchung, sondern dem Durchschnittswert, der sich aus der Berechnung der veröffentlichten Umfragedaten eines gesamten Monats der Institute VERIAN, Infratest-Dimap, INSA-Consulere, der Forschungsgruppe Wahlen e. V., dem FORSA-Institut, GMS und dem Institut für Demoskopie (Allensbach) sowie YouGOV ergibt.